IKvu-Aktion auf dem ÖKT 2010Ökumene – Stillstand oder Bewegung von unten?
(Aktion der IKvu beim 2. Ökumenischen Kirchentag)
Die HuK und die Initiative Kirche von unten (IKvu) sind etwa zur selben Zeit entstanden. Das ist mehr als 30 Jahre her und beide stehen heute auf einer guten thematischen Grundlage. Viele der Dinge, die uns bewegen, sind – leider – noch immer aktuell. In der IKvu sind es einerseits die Themen der aktuell 38 Mitgliedsgruppen des Netzwerks, andererseits solche, die sich darĂŒber hinaus als christlich-politische Themen von unten entwickelt haben. Die IKvu verfĂŒgt ĂŒber hervorragende Kontakte zu The­ologen/-innen, Politi­kern/-innen, Wis­senschaftlern/-innen und KĂŒnstlern/-in­nen. Ihr mit großer KreativitĂ€t geplantes Programm bei den letzten Kir­chen- bzw. Katholikentagen zeugt von dieser Vielfalt. Leitungsteam und GeschĂ€ftsfĂŒhrer der IKvu regen AktivitĂ€ten und Kooperationen zunĂ€chst mit den eige­nen Gruppen und darĂŒber hinaus an.

Bei jeder Delegiertenversammlung (einmal jĂ€hrlich im FrĂŒhjahr) kom­men Neue wie Alte, vor allem aber Neu­gierige zusammen. Es gibt inner­halb des Netzwerks Mitgliedsgrup­pen, die fast immer prĂ€sent sind. Die HuK gehört dazu. Manche Grup­pen bestehen nur aus wenigen Personen, de­nen aber das Dabeisein in der IKvu sehr wichtig ist.

Wie ist nun die Perspektive fĂŒr die Zusammenarbeit von HuK und IKvu zu se­hen? Da es heute die Katholi­kentage von unten in ihrer klassi­schen Form nicht mehr gibt, ist unser gemeinsames Auftreten nicht zwin­gend erforder­lich. HuK und IKvu ha­ben sich, wie beschrieben, in den letzten Jahren wei­terentwickelt. Die Art und Weise, wie Veranstaltungen, Gottesdienste und Feste geplant werden, ist nicht ohne weiteres kompatibel. Allerdings wurden die gemeinsamen Zentren von HuK und IKvu bei den Katholikentagen in SaarbrĂŒcken 2006 und OsnabrĂŒck 2008 sowie die gemeinsame Herbsttagung 2007 in Bielefeld („Kirche der Befreiung – Kirche mit Zukunft”) von allen Beteiligten inhaltlich als positiv empfunden.

 

GrenzgÀngerin IKvu

„Wenn die These stimmt, dass eine erneuerte Kirche weder in zu großer NĂ€he noch in zu großer Distanz von der ‚alten’ entstehen kann, dann gleicht die Aufgabe der IKvu einer Gratwanderung.”
(Michael Steiner, GeschĂ€ftsfĂŒhrer der IKvu von 1993 bis 1999)

Als GrenzgĂ€ngerin ist die IKvu in besonderer Weise von der Verschiedenheit ihrer Mitgliedsgruppen geprĂ€gt. Basisgemeinden, Gruppen, die fĂŒr VerĂ€nderung in den Kirchen eintreten und Gruppen mit christlich-politischer Ausrichtung, sie stehen fĂŒr unterschiedliche Arbeitsweisen und auch fĂŒr verschiedene Ziele. Eine kritische Distanz hatte und hat die IKvu nicht nur zur real existierenden Gesamtkirche, sondern auch zu Gemeinden. Sie hat sich nie systematisch bemĂŒht, ihre Ideen und Anliegen in Kirchengemeinden hineinzutragen.

 

Logo der IKvu

Logo der IKvu„Sieben Farben finden sich in dem neuen Bild der IKvu. Jede Farbe weist auf ein Eigenes hin – zusammen bilden sie die Farben des Re­gen­bogens und zeigen: ‚einmĂŒtige Vielfalt in den verschiedenen Auseinandersetzungen, die soziale Bewegung aktuell fĂŒhrt’, wie Hans Peter Hauschild 1990 schrieb. Der Regenbo­gen ist das alte Zeichen, das Jahwe in die Wolken setzte; der Regenbogen ist Symbol der Les­ben- und Schwulenbewegung; der Re­genbogen steht fĂŒr Widerstand gegen die Re­gierung Berlusconi und wurde von Italien aus­gehend zum Fanal gegen die neuen Kriege der globalisierten Welt. Eine ge­heimnisvolle Faszi­nation geht von diesem Zeichen aus, die offen­sichtlich ungezĂ€hlte Menschen anrĂŒhrt – nicht von ungefĂ€hr: eine mystische, eine spi­rituelle, eine lebendige Kraft.

Der Regenbogen ist das Lob der Differenz – nicht undifferenziert und naiv, sondern im en­gagierten Handeln geerdet: Blau – der Kampf gegen Waffen und Krieg, GrĂŒn – fĂŒr Leben inmitten der ökologischen Katastrophe, Vio­lett – fĂŒr Gleichberechtigung von MĂ€dchen und Frauen, Gelb – gegen Rassismus in die­sem Land und in der globali­sierten Welt, Orange – die Konflikte mit den Kirchenhierar­chien und Rosa – gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben. Das Bild wurde ĂŒbrigens von Matthias Lipinski aus der Öku­meni­schen Arbeits­gruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) entworfen, inspiriert von Hans Peter Hauschilds ‚Die Farben des Regenbo­gens’ [
].

Rot bezeichnet ökonomische Gerechtigkeit, den Nord-SĂŒd- ebenso wie den Ost-West-Konflikt. FĂŒr Ernst Bloch war es der ‚rote Fa­den der Geschichte’, der sich blutig durch die Zeit windet – nicht nur Fa­nal und Signal, son­dern auch Schibboleth fĂŒr das Leiden und Sym­bol: fĂŒr das, worauf es hinweist und was es zugleich herausfordert – Handeln, Hoffen und Heilen. Deshalb findet sich der rote Faden in dem Bild der IKvu: Er kommt aus den KĂ€mpfen der Geschichte her und zielt kĂŒhn auf das durch die Auferstehung Jesu Christi verspro­chene Heil.” (Bernd Göhrig, GeschĂ€ftsfĂŒhrer der IKvu seit 1999)

 

Chronologie

Datum Ereignis
Juni 1977 GrĂŒndung der AG Homosexuelle und Kirche in Berlin
Herbst 1977 Entstehung der HuK-Regionalgruppen Berlin und Frankfurt am Main
MĂ€rz 1978 GrĂŒndung der HuK-Gruppe Hannover
Juni 1978 Erste Mitgliederversammlung der HuK in Frankfurt am Main
September 1978 Kritisch-christliche Gruppen beschließen auf dem Freiburger Katholikentag, fĂŒr 1980 in Berlin einen „Katholikentag von unten” vorzubereiten, da kritische Positionen beim offiziellen Katholikentag kein Forum finden.
Herbst 1978 GrĂŒndung der HuK-Regionalgruppe West
Juni 1979

Das erste Auftreten der HuK bei einem Evangelischen Kirchentag erregt großes Aufsehen; 5.000 Menschen bei Großveranstaltung. Mehrere schwule MĂ€nner erleben Konflikte mit ihrem kirchlichen Dienstgeber.

Juni 1980 Katholikentag in Berlin. Schwerpunktthemen: Die RĂŒstungsfrage sowie der innerkirchliche Dialog (insbesondere die Professoren KĂŒng und Metz betreffend). Die HuK wirkt beim Katholikentag von unten mit.
September 1980 GrĂŒndung der Initiative Kirche von unten durch Delegierte der ca. 30 Gruppen, die am Katholikentag von unten beteiligt waren.

 

RĂŒckblick und Ausblick

Die HuK war von Anfang an aktiv in der IKvu. Sie nutzte die Katholikentage von un­ten, um schwul-lesbische Themen ei­nem breiten inte­ressierten Publikum vorstellen zu können. Vielen in der HuK war und ist es wich­tig, ĂŒber den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Da­bei ist die Vielfalt der Themen, die uns und andere Christen/-innen bewegten, bewegend: Frieden, soziale und globale Gerechtigkeit, Befreiungstheologie, Ökumene sowie das Eintreten fĂŒr eine ge­schwisterliche Kir­che.

Durch die Vernetzung mit vielen (Basis-)Gruppen, die in Ă€hnlicher Richtung unterwegs sind wie wir, profitiert die HuK. Allerdings macht sich diese Netzwerkarbeit nicht von selbst. Jede Mitgliedsgruppe der IKvu bringt sich personell wie finanziell ein. Mehrfach arbeiteten Vertreter der HuK im Koordinationskreis der IKvu und spĂ€ter im Leitungsteam, mit. Die HuK war an allen relevanten Entschei­dungen, die die IKvu traf, beteiligt.

Seit 1994 ist seitens des Zentralkomitees der deutschen Ka­tholiken sowie des Katholikentags eine zunehmende Öffnung auch fĂŒr (kir­chen-)kritische Themen zu be­obachten. Alte Streit­punkte hatten sich verĂ€ndert und viele Menschen ge­wannen den Eindruck, es brauche gar kei­nen Katholi­kentag von unten mehr. Die gesamte Lage hatte sich also verĂ€ndert. Und ein „Weiter so!” konnte es fĂŒr die IKvu nicht geben. Das Netz­werk musste sich neu aufstellen. Die alte Fixierung auf kirchenkriti­sche Fragen, vorwiegend römisch-katholischer Natur, war nicht mehr trag­fĂ€hig. Auch an dieser Umgestal­tung des Netzwerks IKvu, das seit 2003 das Wort „Ökumenisch” im Namen trĂ€gt, war die HuK maß­geblich beteiligt. Seit dieser Zeit ha­ben sich immer mehr evan­gelische Gruppen und Gemeinden ange­schlossen.

Es liegt auf der Hand, dass nicht alle, auch nicht in der HuK, diese Öffnung be­grĂŒĂŸt haben. Das Heraustreten aus der kirchenkritischen Ecke und die Hinwen­dung zu Themen wie Glo­balisierung, Kirchenasyl, interreligi­Ă¶se Kontakte, sexu­elle Gewalt, um nur wenige zu nennen, hat manche irritiert. Sicher beinhaltet diese Öffnung der IKvu aber auch zahlreiche Chancen. Wer stets bereit ist zum Neuaufbruch, wird sie nutzen können – persönlich ebenso wie in der Zusammenarbeit von Bewegungen, Gruppen und Netzwerken.

 

Links

Ökumenisches Netzwerk Initiative Kirche von unten

Kleine Kirchengeschichte von unten

 

Delegierter

Thomas Wagner
SaargemĂŒnder Straße 58
66119 SaarbrĂŒcken

Telefon: 0681 53860
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