Katholisches LSBT+ Komitee zum Tod von Papst Franziskus

Die Bilanz von Papst Franziskus bezĂŒglich queerer Menschen und queerer GlĂ€ubiger fĂ€llt hoch ambivalent aus. Markus Gutfleisch, Co-Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees, meint: „Franziskus hat positive Akzente fĂŒr queere Menschen gesetzt – als erster Mensch in diesem Amt ĂŒberhaupt – etwa bald nach seiner AmtseinfĂŒhrung im Jahr 2013 mit der Aussage "Wenn jemand homosexuell ist und den Herrn sucht, wer bin ich, ĂŒber ihn zu urteilen". Seine Appelle an die weltweit politisch Verantwortlichen, die Strafbarkeit queerer Lebensformen zu beenden, kamen allerdings spĂ€t, und viele seiner Bischöfe trugen diesen Kurs noch nicht mal mit.“

Hendrik Johannemann, Co-Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees, ergĂ€nzt: „Gerade mit Blick auf seine AmtsvorgĂ€nger kann man Papst Franziskus wohl als den besten Papst bezeichnen, den queere GlĂ€ubige jemals hatten. Er hat direkt mit queeren Menschen telefoniert, ihnen persönliche Briefe geschrieben und einzelne queere Gruppen und queerfreundliche Seelsorger*innen im Vatikan empfangen. Papst Franziskus hat einen atmosphĂ€rischen Wandel in der römisch-katholischen Kirche angestoßen, der kaum hoch genug gewertet werden kann. Er war an vielen Stellen ein zugewandter Seelsorger fĂŒr die SchwĂ€chsten und Ausgegrenzten, auch fĂŒr queere GlĂ€ubige. Aber ein pastoraler Ansatz allein reicht nicht aus. Die vielen widersprĂŒchlichen Verlautbarungen und Richtungsentscheidungen dieses Pontifikats lassen queere GlĂ€ubige ratlos und enttĂ€uscht zurĂŒck. Ich persönlich bin Papst Franziskus aller Ambivalenz zum Trotz dankbar fĂŒr seine wichtigen, wenn auch behutsamen Impulse zur Erneuerung der Kirche. Ich habe die große Hoffnung, dass sein Nachfolger auf dem Stuhl Petri die dringend notwendigen Reformen der römisch-katholischen Kirche mit Mut weiter vorantreibt, damit die Kirche endlich zu einem Ort wird, an dem queere Menschen ihren Glauben in FĂŒlle und ohne Angst leben können.“

Franziskus ließ seiner vorsichtigen Öffnung keine greifbaren VerĂ€nderungen folgen. Bis heute bremst der Vatikan Anliegen des Synodalen Wegs in Deutschland aus, etwa die notwendige VerĂ€nderung des Katechismus der Katholischen Kirche, um die dort enthaltenen verletzenden Passagen zu HomosexualitĂ€t abzuĂ€ndern, oder die Forderung nach einem menschenfreundlicheren Umgang mit trans- und intergeschlechtlichen GlĂ€ubigen. Auch die unter Papst Franziskus erfolgte Erlaubnis von Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare durch die ErklĂ€rung „Fiducia supplicans“ aus dem Jahr 2023 ist fĂŒr queere Menschen eher enttĂ€uschend, da es sich nur um einen spontanen Segen im Vorbeigehen handelt, der zudem das Paar an seine angebliche SĂŒndigkeit erinnern solle.

Sera RenĂ©e Zentiks, Co-Sprecherin des Katholischen LSBT+ Komitees, sagt dazu: „Die Bilanz von Papst Franziskus fĂŒr Frauen ist durchwachsen. Zwar berief er vereinzelt Frauen in Beratungs- und Entscheidungsgremien, doch insgesamt blieb auch unter seinem Pontifikat die Gleichberechtigung unzureichend. Zur Debatte um die Weihe von Diakoninnen oder Priesterinnen kam von ihm kein Impuls.“

Sein Hin und Her zeigte keine wahre Anerkenntnis der unverletzlichen und gottgegebenen WĂŒrde queerer Menschen. Besonders sein Festhalten am Heraufbeschwören einer angeblichen „Gender-Ideologie“ in der ErklĂ€rung „Dignitas Infinita“ aus dem Jahr 2024, zeigt, dass der Vatikan weiter ohne Blick nach außen einer Ideologie anhĂ€ngt, die die WĂŒrde und die Menschenrechte von trans* und inter*geschlechtlichen, nicht-binĂ€ren sowie homo- und bisexuellen Menschen verletzt und Futter fĂŒr Anfeindungen in Kirche, Politik und Gesellschaft liefert. Durch die absurde Verteufelung auch nur der Nutzung des Begriffs „Gender“ erwies Papst Franziskus zudem der Gleichberechtigung von Frauen einen BĂ€rendienst, trotz seiner BemĂŒhungen, vermehrt verantwortungsvolle Posten mit Frauen zu besetzen.“

Das Katholische LSBT+ Komitee spricht allen um Papst Franziskus Trauernden sein MitgefĂŒhl aus. Papst Franziskus wird in Erinnerung bleiben als ein wichtiger FĂŒrsprecher fĂŒr arme Menschen, fĂŒr Frieden und Klima- und Umweltschutz. Er hat oftmals die Doppelmoral und Heuchelei der Kurie und insgesamt der römisch-katholischen Kirche angeprangert und durch seine menschliche Zugewandtheit, sein unkonventionelles Vorgehen und seine Bescheidenheit im Auftreten neue Wege aufgezeigt, die die verknöcherten und von der LebensrealitĂ€t vieler GlĂ€ubiger entrĂŒckten Kirchenstrukturen in Frage stellten und Impulse zu behutsamer Erneuerung setzten.

Das Katholische LSBT+ Komitee

ist ein kirchenpolitisches ArbeitsbĂŒndnis von Katholik*innen aus verschiedenen christlichen LSBT+ Gruppen und setzt sich fĂŒr die Gleichberechtigung von LSBT+ Personen in der römisch-katholischen Kirche ein. Zu den Mitgliedsgruppen zĂ€hlen Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V., Netzwerk katholischer Lesben e.V. (NkaL), AG Schwule Theologie e.V., Katholische Schwule Priestergruppen Deutschlands (KSPD), KjGay der KjG (Katholische junge Gemeinde), LesBiSchwule Gottesdienstgemeinschaften (LSGG), Initiative Homo Cusanus.
Das Katholische LSBT+ Komitee ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft katholischer Organisationen Deutschlands (AGKOD).

Pressekontakt:

Markus Gutfleisch
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