UngenĂŒgende Evidenz dafĂŒr, dass Anstrengungen zur Änderung der sexuellen Orientierung erfolgreich sind, sagt die APA
Therapeutisch TĂ€tige sollen vermeiden, ihren Klienten zu sagen, dass sie sich von homosexuell nach heterosexuell („gay to straight”) Ă€ndern können

TORONTO â€“ Der US-amerikanische Fachverband der Psychologen nahm am Mittwoch [05.08.2009] eine Entschließung an, die feststellt, dass Fachleute im Gebiet der seelischen Gesundheit es vermeiden sollen, ihren Klienten zu erklĂ€ren, dass sie ihre sexuelle Orientierung durch Therapie oder andere Behandlung Ă€ndern können.

Die „Resolution zu geeigneten affirmativen Antworten auf Spannungen im Zusammenhang mit sexueller Orientierung und zu VerĂ€nderungsanstrengungen” empfiehlt auch, dass Eltern, Erziehungsberechtigte, junge Menschen und ihre Familien Behandlungen vermeiden, die HomosexualitĂ€t als geistige Krankheit oder als Entwicklungsstörung darstellen. Stattdessen sollen sie sich nach Psychotherapie, sozialen UnterstĂŒtzung und Erziehungs-Diensten umsehen, die „genaue Information zu sexueller Orientierung und SexualitĂ€t bieten, UnterstĂŒtzung durch Familie und Schule vergrĂ¶ĂŸern und Ablehnung von Jugendlichen, die einer sexuellen Minderheit angehören, reduzieren.”

Die zustimmende Resolution durch die reprĂ€sentativen Rat der APA („APA's governing Council of Representatives”) kam wĂ€hrend der Jahresversammlung der APA, bei der eine Arbeitsgruppe einen Bericht vorstellte, der in Teilen die Effizienz so genannter „reparativer Therapien”, oder von Änderungs-Anstrengungen zur sexuellen Orientierung (SOCE = sexual orientation change efforts) untersucht hatte.

„Im Gegensatz zu Behauptungen von UnterstĂŒtzern und Anwendern von sexueller Änderungsanstrengungen gibt es nur ungenĂŒgende Evidenz, die fĂŒr die Anwendung psychologischer Intervention spricht, um die sexuelle Orientierung zu Ă€ndern”, sagte Dr. Judith M. Glassgold, Vorsitzende der Arbeitsgruppe. „Wissenschaftlich verlĂ€ssliche Ă€ltere Studien in diesem Gebiet zeigen, dass es unwahrscheinlich war, dass sich sexuelle Orientierung durch solche Anstrengungen Ă€nderte. Im Gegensatz zu den Behauptungen von Vertretern und UnterstĂŒtzern einer Änderungs-Anstrengungen zur sexuellen Orientierung (‚SOCE practitioners and advocates’) zeigen neuere Forschungs-Studien keine Evidenz einer Änderung der sexuellen Orientierung, da die Forschungsmethoden ungenĂŒgend sind, um die EffektivitĂ€t solcher Interventionen zu zeigen.” Glassgold fĂŒgte hinzu: „Im besten Fall zeigten gewisse Studien, dass einige individuelle Personen lernten, ihre homosexuellen GefĂŒhle zu ignorieren oder sie nicht in die Tat umzusetzen. Trotzdem zeigten diese Studien nicht, fĂŒr wen dies möglich war, wie lange die Änderung vorhielt und was ihre langfristige Auswirkung auf die geistige Gesundheit war. Außerdem galt ein solches Resultat in wesentlich geringerem Umfang fĂŒr Personen, die zu Beginn nur zu Menschen des gleichen Geschlechts hingezogen waren.”

Auf dieser Auswertung basierend empfahl die Arbeitsgruppe, dass Fachleute im Gebiet der geistigen Gesundheit es vermeiden sollten, die Effizienz von Änderungsanstrengungen im Bereich der sexuellen Orientierung falsch darzustellen, wenn sie Hilfestellung leisten fĂŒr Personen, die wegen ihrer eigenen sexuellen Orientierung, oder wegen der anderer Personen besorgt sind.

Die APA hatte die aus sechs Personen bestehende Arbeitsgruppe zu angemessenen therapeutischen Antworten auf [Fragen der] sexuellen Orientierung 2007 eingesetzt, mit der Aufgabe, die Resolution der APA von 1997 „Geeignete therapeutische AnsĂ€tze zur sexuellen Orientierung” kritisch durchzusehen und zu aktualisieren, und einen Bericht zu verfassen. APA war besorgt ĂŒber fortdauernde Anstrengungen, die die These propagierten, die sexuelle Orientierung könne geĂ€ndert werden, durch Psychotherapie oder durch AnsĂ€tze, die HomosexualitĂ€t fĂ€lschlicherweise als geistige Störung charakterisieren.

Die Arbeitgruppe untersuchte Artikel in seriösen wissenschaftlichen Zeitschriften (in englischer Sprache) zwischen 1960 und 2007, insgesamt 83 Studien. Die meisten Studien geschahen vor 1978; nur einige wenige waren in den letzten 10 Jahren durchgefĂŒhrt worden. Die Gruppe studierte auch die gegenwĂ€rtige Literatur zur Psychologie der sexuellen Orientierung.

„Leider enthalten viele der Forschungen im Gebiet der sexuellen Orientierung ernsthafte MĂ€ngel im Ansatz.” sagte Glassgold. „Nur wenige Studien konnten als methodisch seriös betrachtet werden; keine untersuchte systematisch mögliche SchĂ€den.”

Zum Punkt möglicher SchĂ€den war die Arbeitsgruppe nicht in der Lage, Folgerungen zu ziehen zu der Effizien und der Sicherheit neuerer Studien von Vertretern von Änderungs-Anstrengungen zur sexuellen Orientierung (SOCE-Vertretern): „Es gibt keine methodisch seriösen Studien neuerer SOCE-Vertreter, die eine definitive Aussage gestatten zu der Frage, ob SOCE sicher oder schĂ€dlich â€“ oder nicht â€“ ist, und fĂŒr wen.” sagt der Bericht.

„Ohne solche Information können Psychologen die Folgen solcher Behandlungen nicht vorhersagen; sie mĂŒssen sehr vorsichtig sein, wenn man bedenkt, dass einige qualitative Forschungsergebnisse auf die Möglichkeit von SchĂ€digungen hinweisen”, sagte Glassgold. „Therapeutisch TĂ€tige können ihren Klienten helfen durch Therapien, die nicht versuchen, die sexuelle Orientierung zu Ă€ndern, sondern Akzeptanz, UnterstĂŒtzung, und Erforschen und Entwickeln der IdentitĂ€t beinhalten, ohne dem Klienten / der Klientin eine spezifische letztendliche IdentitĂ€t aufzuerlegen.”

Als Teil ihres Berichts fand die Arbeitsgruppe heraus, dass einige Klienten/Klientinnen, die versuchen, ihre sexuelle Orientierung zu Ă€ndern, wegen eines Konflikts zwischen ihrer sexuellen Orientierung und ihrem religiösen Glauben in Spannungen leben könnten. Die Arbeitsgruppe empfahl, dass professionelle Therapeuten, die solche KlientInnen behandeln, ihnen helfen, „mögliche Pfade des Lebens zu erkunden, die sich mit der RealitĂ€t sexueller Orientierung beschĂ€ftigen, die das mit HomosexualitĂ€t verbundene Stigma reduzieren, die den religiösen Glauben der KlientInnen respektieren, und die Möglichkeiten einbeziehen, ein religiös und geistlich bedeutsames und lohnendes Leben zu fĂŒhren.”

„In anderen Worten”, sagte Glassgold, „empfehlen wir, dass Psychologen völlig ehrlich sind ĂŒber die [geringe] Wahrscheinlichkeit, dass sich die sexuelle Orientierung Ă€ndert, und dass sie ihren KlientInnen helfen, ihre Annahmen und Ziele bezĂŒglich beidem, der Religion und der SexualitĂ€t zu erkunden.”

Eine [vollstĂ€ndige] Kopie des Berichts der Arbeitsgruppe kann ĂŒber das BĂŒro der APA (Public Affairs Office) bezogen werden.

Mitglieder der APA-Arbeitsgruppe zu geeigneten therapeutischen AnsÀtzen zur sexuellen Orientierung:

Judith M. Glassgold, PsyD, Rutgers University - Vorsitzende Lee Beckstead, PhD Jack Drescher, MD Beverly Greene, PhD, St. John's University Robin Lin Miller, PhD, Michigan State University Roger L. Worthington, PhD, University of Missouri

Die US-amerikanische psychologische Vereinigung (American Psychological Association, APA) ist die grĂ¶ĂŸte wissenschaftliche und fachlich-professionelle Organisation, die Psychologie in den USA reprĂ€sentiert. Sie ist auch der grĂ¶ĂŸte Fachverband von Psychologen weltweit. Die Mitgliedschaft in der APA umfasst 150.000 Forscher, Erzieher, Kliniker, Berater und Studierende. Durch ihre Unterteilung in 54 Untergebiete der Psychologie und durch ihre Vernetzung mit 60 Vereinigungen in US-Bundesstaaten und kanadische Provinzen arbeitet die APA daran, Psychologie als Wissenschaft voranzubringen, als Beruf und als Mittel, Gesundheit, Bildung und menschliche Wohlfahrt weiter zu bringen.

Übersetzung: Reinhold Weicker